Heute schwingen die
Politiker wieder große Reden zum Tag der deutschen Einheit. Im Fernsehen läuft Good
bye, Lenin und in den Zeitungen sieht man Bilder vom Mauerfall.
Aber wir hier vom Eurocamp sind die gelebte deutsch-deutsche Einheit
schlechthin. Seit eineinhalb Jahren nämlich arbeiten Ossis und Wessis friedlich
miteinander, ohne sich täglich zu fragen, ob das denn überhaupt möglich ist.
Alex, Nicole, Siggi, Jan, Florian und ich sind Wessis, Thomas, Anja, Siggi Jung
und Sabine Ossis.
Was dachtest du, als du hörtest, dass eine Gruppe an Wessis den Campingplatz
übernehmen will, frage ich DJ Hagen (Ossi), der gerade zu Besuch ist.
Hagen ist nachdenklich. Das Thema berührt ihn. Er hatte sehr unterschiedliche
Erfahrungen nach der Wende gemacht, vor allem auch erlebt, wie Wessis
versuchten, sich schnell zu profilieren und Gewinne zu erzielen, die sie dann
doch in den Sand setzten. Auch berufliche Umstrukturierungen musste er erleben,
und es ging so viel soziale Sicherheit verloren. Heute aber sieht er den Platz
im Aufwind und ist froh, dass er in Privatbesitz gegangen ist.
Alex findet im Osten vieles einfacher. Gerade beim Improvisieren sind hier seiner
Meinung nach alle spitze, und auf einem Campingplatz muss ständig etwas angefertigt
werden, das es nicht zu kaufen gibt. Da beschreibt man etwas und es wird ganz
einfach umgesetzt, ohne viel nachzufragen, sagt er. Nur die Bürokratie ist seiner
Meinung nach hier viel komplizierter – besonders beim Bauamt.
Thomas war einfach nur froh, dass es mit dem Platz aufwärts ging – ob Ossi oder
Wessi war ihm ganz egal. Jetzt macht das Arbeiten wieder Spaß und er sieht eine
gute Entwicklung des Platzes.
Siggi liebt es, in Brandenburg zu sein. Vor allem, dass hier die Natur so
unberührt ist und die Felder so weit wirken, gefällt ihm sehr. Das sieht auch
Jan so.
Nicole vermisst manchmal die liebevolle Pädagogik des Kindergartens in
Niedersachsen. Hier ist doch alles streng und reglementiert.
Siggi Jung erzählt, wie sich die Verzehrgewohnheiten nach der Wende verändert
haben. Man isst viel gesundheitsbewusster, bestellt Salate und trinkt
Mineralwasser statt Bier oder Limo. Auch ist die Küche viel europäischer
geworden. Größer geworden ist aber auch der Müll. Jetzt gibt es viel
Verpackungsmüll und Einwegflaschen.
Insgesamt aber merkt man hier nur am Dialekt, woher der einzelne kommt! Doch ob
Ossi oder Wessi – wir sind ein tolles Team!